Basisdenke statt Basic Thinking?

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Wir schreiben das Jahr 2009. Die Welt kämpft gegen eine heraufdräuende Wirtschaftskrise, für deren sich abzeichnende Schwere noch keine echte Parallele gefunden ist. In der deutschen Blogosphäre, einem gar anderen Universum, kreist der Nachrichtenfluss der letzten Tage hingegen bloß um ein Thema: Basic verkauft seinen Blog!

Bei 46.902 fiel der virtuelle Hammer von E-Bay, in dessen Auktionen sich ja wirklich alles verticken lässt. Nun gehört die Blog-Adresse www.basicthinking.de/blog Serverloft, laut Eigendarstellung einer der größten Anbieter „dezidierter Server“ – was immer das auch sein möge. Ich wünsche den Jungs mal viel Glück mit ihrem Neuerwerb. Denn was sich mit einem Blognamen ohne dahinterstehenden Autor auf Dauer anstellen lässt, konnte nicht mal Spiegel Online schlüssig erklären.

Basic – wie der Name sagt

Die Beiträge in Basics Blog, waren so wie der Name sagt: pretty basic. Die Verkaufssumme immerhin war nicht unbedeutend. Der Adressatenkreis von Basics Blog, die Technik- und Webinteressierten, ist genauso unscharf wie einflusstechnisch belanglos. Trotzdem berichten so gut wie alle Nachrichten-Websites über Roberts großen Coup. Wahrscheinlich wird Basic demnächst in Talkshows rumgereicht, wo er erklären kann, warum er sein Denk-Organ dichtmacht.

Nix gegen Basic – der versteht schon was von seinem Schreibhandwerk. Doch seine Themenwahl und das Flügelflattern rund um seinen Verkauf en Blog zeigt, auf welchem Niveau sich deutsche Blogs bewegen. Basic, Niggemeier und wie sie alle heißen leiden an einer Krankheit abseits jenes Wortdurchfalls, der für Blogger quasi Berufungsvoraussetzung ist: Der Selbstreflexivitis. Am liebsten schmoren Deutschlands Blogger im eigenen Saft – und geifern so wie der unsäglich aufgeblasene Don Alphonso gegen all die anderen Mitstreiter, deren Inhalte sie sich wohl täglich reinziehen.

Ein wenig entspricht das ja auch dem deutschen Empfinden: Lieber auf die hinhauen, die man schon kennt, als sich in unbekannte Gefilde vorzuwagen und vielleicht doch mal ein paar großformatigere Gedanken abseits der Internet-Welt wagen.

USA zeigen, wie’s auch politisch geht

Wie anders sehen da bekannte Blogs in den USA aus: Dort setzen seit Jahren aktive Blogs wie Daily Kos oder Wonkette auf scharfe politische Statements. Sie greifen oft die etablierten Medien an – und haben damit Erfolg. Vor vier Jahren hatten sie ihr coming-of-Age gegenüber den großen TV-Anstalten: Es waren Blogger, die nachwiesen, dass TV-Urgestein Dan Rather gefälschten Dokumenten über George Bushs Zeit in der US-Army aufgessen war. Das hatte Konsequenzen: Rather musste nach Jahrzehnten als Nachrichtensprecher den Posten räumen – und die amerikanische Blogging-Szene hatte ihren ersten echten Erfolg.

In den bekannten US-Blogs finden politische Statements mit gewisser Flughöhe ebenso ein Forum wie Celebrity-News, die sich nur mit Mühe über dem Nachrichtenmüll von Fox News halten. Amerikas politische Blogger wie etwa Andrew Sullivan bieten ihren Lesern eines: Einträge, die auf recherchierten Fakten beruhen und auch mal etwas größere Gedankensprünge wagen.

So etwas wäre im deutschen Blog-Raum – mit Ausnahme von Stefan Niggemeiers Blog – zwar denkbar. Aber es kommt so gut wie nie vor. Statt dessen regiert hier das verbale Klein-Klein. Hierzulande wird lieber über Technik, das Wetter und das persönliche Befinden schwadroniert statt das Geschehen der Welt da draußen analysiert. Ist ja auch irgendwie einfacher, ein paar rasche Zeilen runterzuhacken statt gründlich nachzudenken.

Und drum ists eigentlich gar nicht so übel, dass nicht mehr Basic drin ist, wo Basic draufsteht. Vielleicht kommt ja was Besseres nach. Obwohl: Der erste Eintrag der Basic-Käufer ist nicht sehr ermutigend. Er schließt mit den Worten:

Ich muss jetzt Weg, weil die Mutter meiner Freundin heute einen runden Geburtstag feiert.

Solche Anfänge lassen Böses ahnen.

Über den Autor:

Ich bin Wirtschaftsjournalist, entwickle Online-Inhaltsformate und schreibe am liebsten Business-Berichte mit Biss - erzählt in der jeweils passenden Inhaltsform. Dafür nutze ich alle Möglichkeiten, die das Handwerkszeug des Online-Qualitätsjournalismus hergibt. Angeeignet habe ich mir das in mehr als einem Dutzend Jahren beim SPIEGEL-Verlag und der Verlagsgruppe Handelsblatt.

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