Billigflieger sind Krisengewinner – aber nur für kurze Zeit

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Die Fluglinie Air Berlin hat erträgliche Zahlen und eine selbstbewußte Ansage vorgelegt: In diesem Jahr will der Billigflieger stärker als der Gesamtmarkt wachsen. Die Rechnung könnte aufgehen, doch die Lage der gesamten Branche bleibt bescheiden – und könnte Air Berlin mittelfristig auch die Laune verderben.

Vorerst kann Air-Berlin-Chef Joachim Hunold das Wachsen aber nicht lassen: Seine Fluggesellschaft will der Konkurrenz auch in diesem Jahr Marktanteile abjagen. Deutschlands zweitgrößte Fluglinie will 2010 stärker zulegen als der Gesamtmarkt, gab Air Berlin heute in ihrem Geschäftsbericht bekannt. Das ist ambitioniert: Denn der weltweite Luftfahrtverband IATA erwartet für dieses Jahr ein Passagierplus von 4,5 Prozent.

Die Umsätze steigern will Air Berlin auch durch die Integration der Städteverbindungen von TUIfly. Damit will Air Berlin in diesem Jahr erstmals die Marke von 30 Millionen Passagieren überspringen. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 hat die Fluglinie 27,9 Millionen Passagiere befördert. Die Airline erhält starken Zulauf von Geschäftsreisenden, die im Zuge der Krise sparen müssen. Zudem hat Air Berlin durch einen harten Sparkurs den Nettoverlust auf 9,5 Millionen Euro gesenkt.

Marktanteil der Billigflieger wächst

Air Berlins Aussichten werden auch von einer Studie der Deutschen Flugsicherung gestützt. Sie bescheinigte den Billigfliegern im vergangenen Jahr einen wachsenden Markt: 2009 ist der Marktanteil der Billigflieger in Deutschland erstmals über 25 Prozent gestiegen.

2010 dürfte demnach zum Jahr der Billigflieger werden – und die etablierten Fluglinien werden zunehmend nervös. Europas zweitgrößte Fluglinie Air France setzt auf eine neue Strategie: Sie will den Service beschränken – und bestimmte Leistungen wie den Check-In am Flugschalter nur mehr in geringerem Umfang anbieten.

Trotz der Wachstumsprognose in diesem Jahr ist die Lage der Fluglinien noch immer grottenschlecht. In diesem Jahr wird die Branche fast fünf Milliarden Euro Minus schreiben. Schuld daran ist ein grundlegender Strukturwandel der Branche.. Die Fluglinien haben einen Großteil ihrer Geschäftskunden eingebüßt – und die dürften anders als nach dem Jahr 2001 auch nicht mehr zurückkehren, meinen Experten. Zudem wird der Sprit für die Fluglinien immer teurer, und die Umweltauflagen werden strenger.

Easyjet und Ryanair übertrumpfen Air Berlin

Die Billigflieger werden zu den Gewinnern dieser Entwicklung gehören . Doch auf den Wachstums-Autopiloten können auch sie nicht hoffen. Gerade Air Berlin muss im Vergleich zu seiner europäischen Konkurrenz noch einiges nachholen, zeigt eine Studie. Die Berliner arbeiten zu aufwändig und verdient deshalb zu wenig Geld. Spitzenreiter bei der Wertung nach Finanzen, Effizienz, Marktposition und Potenzial ist die britische Easyjet, gefolgt von Ryanair.

Die Studienautoren bescheinigen Air Berlin aber in einem wichtigen Segment die besten Chancen. Air Berlin verfügt über ein gutes Bordservice, bietet Rabattverträgen und ermöglicht seinen Kunden die Buchung von Flügen über Computerreservierungsprogramme. Damit ist die Fluglinie gut für den Ansturm der eine hervorragende Anlaufstelle für Geschäftsreisende, und die gehören bei den Billigfliegern zum Wachstumssegment. Doch alleine mit Geschäftsreisenden wird Hunold auf Dauer nicht wachsen können – zumal sich der Abstand zu Easyjet im vergangenen Jahr noch vergrößert hat. Air Berlin muss also seine Kosten und Schulden noch weiter senken, ohne allzu starke Abstriche beim Service zu machen. Das wird kein leichter Spagat.

Disclaimer: Eine ausführliche Version meines Artikels finden Sie auf wiwo.de: Air Berlin: Wachstum mit Nachholbedarf

Über den Autor:

Ich bin Wirtschaftsjournalist, entwickle Online-Inhaltsformate und schreibe am liebsten Business-Berichte mit Biss - erzählt in der jeweils passenden Inhaltsform. Dafür nutze ich alle Möglichkeiten, die das Handwerkszeug des Online-Qualitätsjournalismus hergibt. Angeeignet habe ich mir das in mehr als einem Dutzend Jahren beim SPIEGEL-Verlag und der Verlagsgruppe Handelsblatt.

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