Heute ist Horst Köhler etwas mehr als ein Jahr nach seiner Wiederwahl überraschend zurückgetreten. Köhler war nicht gerade ein geräuschloser, bequemer Bundespräsident. In Interviews und Reden gebrauchte er gerne mal auch stärkere Worte: Von Monster der Finanzmärkte sprach er etwa, von den Hütchenspielern des Kapitalismus – oder von Rundum-Sorglos-Paketen bei der Entlohnung von Vorständen.
Seine besten Zitate der vergangenen Jahre:
“Wir sind auf dem Wege, auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung wissen muss, dass im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege”
Diesen Worte gebrauchte Horst Köhler am 22. Mai in einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur und stellte so den Kriegseinsatz in Afghanistan in einen Zusammenhang mit Deutschlands Wirtschaftsinteressen. Die Reaktionen darauf fielen scharf aus. Heute erklärte Köhler wegen dieser Äußerungen seinen Rücktritt – ein historisch einmaliger Vorgang in der Bundesrepublik.
“Meines Erachtens sollten Politiker endlich aufhören, immer nur an den nächsten Tag zu denken. Sie sollen auch ans nächste und übernächste Jahrzehnt denken“
Diese Worte wählte Horst Köhler am 14. Mai 2010 in seiner Rede zum Präsidentenwechsel beim Bundesverfassungsgericht. Köhler selbst galt nie als Parteimensch. Zwar trat er 1981 in die CDU ein, aber er agierte auf seinem Amtssitz in Schluss Bellevue nie als Steigbügelhalter der Union. Im Gegenteil: Mit Äußerungen zur Tagespolitik verärgerte er auch manchmal Unions-Politiker.
“Wir brauchen geordnete Insolvenzverfahren nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Staaten”
Am 20.März 2010 sprach sich Köhler in einem Interview mit der Zeitschrift Focus für die Entwicklung eines Insolvenzverfahrens für überschuldete Staaten aus – eine Äußerung, die in Berlin angesichts des immer größer werdenden Griechenland-Problems nicht gerade auf Gegenliebe stieß.
“Auf den internationalen Finanzmärkten sind schon wieder Hütchenspieler zu beobachten”
Bei der Ansprache zur Festveranstaltung „60 Jahre DGB“ am 5. Oktober 2009 gab sich Köhler kapitalismuskritisch und wetterte gegen intransparente Derivategeschäfte, Spekulationen auf den Rohstoffmärkten und „Shadow-Banking“.
„Arbeit, Bildung, Integration: Das sind die Felder, auf denen wir vorankommen müssen“
Diese drei Bereiche sprach Horst Köhler in seiner Rede nach seiner Wiederwahl als Bundespräsident am 23.05.2009 an. Die vergangenen fünf Jahre hätten ihm gezeigt, dass dieses Land stark sei. „Ich freue mich auf die kommenden fünf Jahre, und ich verspreche Ihnen, liebe Landsleute: Ich werde weiter mein Bestes geben“, sagte Köhler damals.
“Der angloamerikanische Kasinokapitalismus ist gescheitert.”
Diese drastischen Worte wählte Horst Köhler in einem Interview mit der Bild-Zeitung am 01. Mai 2009. Er rief damals dazu auf, die Finanz- und Wirtschaftskrise zu einer grundlegenden Reform der Weltwirtschaft zu nutzen.
„Die Wirtschaftseliten müssen wieder lernen, was Maß und Mitte ist”
Mit der Finanzbranche ging Köhler ohnedies gerne hart ins Gericht: In einem Interview mit der Zeitschrift Spiegel vom 11. Oktober 2008 forderte er eine Entschuldigung von Banken-Managern. Mehr Selbstkritik wäre gut, sagte Köhler wenige Wochen nach dem Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers. Schon damals plädierte er für ein „Bretton Woods II“ – also eine Konferenz, die eine internationalen Ordnungsrahmen für die globale Ökonomie schaffen könnte“
“Rundum-sorglos-Pakete”
Bei der Verleihung des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik am 26. Mai 2008 nahm Köhler die Manager ins Visier: Die Wirtschaftselite habe als Vorbild versagt, denn die freiwilligen Leitlinien zur Unternehmensführung seien gescheitert. Wenn der Eindruck entstehe, die Manager stopften sich die Taschen voll, dann dürfe man sich auch nicht wundern, wenn das Bild der sozialen Marktwirtschaft für viele zum Zerrbild werde.
“Jetzt muss jedem verantwortlich Denkenden in der Branche selbst klar geworden sein, dass sich die internationalen Finanzmärkte zu einem Monster entwickelt haben, das in die Schranken gewiesen werden muss.”
Mit dieser Aussage, die Köhler am 22. Mai 2008 in einem Interview mit der Zeitschrift Stern machte, ließ der Bundespräsident weltweit aufhorchen. Er vermisse ein „klar vernehmbares mea culpa“, sagte der Bundespräsident damals. Die Finanzwelt habe sich auch mit den bizarr hohen Vergütungen für einzelne Finanzmanager mächtig blamiert. Anlass waren damals die ersten Milliarden-Quartalsverluste der Banken und der Notverkauf der IKB-Bank.
„Ich möchte Bundespräsident aller Deutschen sein, und ein Präsident für alle Menschen, die hier leben“
Das kündigte Horst Köhler am 23. Mai 2004 in seiner Rede vor der Bundesversammlung an. Er wolle in seinem Amt „zu mehr Entschlossenheit, Tatkraft und auch Stetigkeit bei wirtschafts- und sozialpolitischen Reformen drängen“, sagte Köhler damals – ein Anspruch, den er einlöste.
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