Zuerst schwadronierten die Chefetagen von der Nebelwand, vor der es zu bremsen galt. Dann sollten die “Low Performer” dran glauben – was auch immer die Verlagsmanager unter dieser Consultant-Wortblähung verstehen. Und nun pfeift der eisige Wind der Anzeigenkrise durch fast jede Redaktion in Deutschland.
Was mich immer wieder daran erstaunt, wenn ich mit Kollegen rede: Gestandene Journalisten leiden unter akuter Beißhemmung, wenn es um das Krisengeschwurbel im eigenen Haus geht. Jene heiße Luft, die Deutschlands Medienmanager in Betriebsversammlungen verunsicherter Verlagsmitarbeiter geblasen haben, schädigt nicht nur das Betriebs-, sondern vermutlich auch das Weltklima.
Krisenmetapher Nebelwand
Beispiele gefällig? Da war viel die Rede von “Herausforderungen, die wir gemeinsam meistern müssen”, “Schwächen unserer Mitbewerber, die wir nützen wollen”, oder gar der “Nebelwand, auf die wir zufahren”. Das in der nächsten Kurve lauernde graue Dickicht dürfte derzeit wohl die liebste Krisenmetapher auf den Konferenzen trübsalblasender Verlagsleiter sein.
Ganze Sääle voller Journalisten wagen nicht nachzufragen, was diese Worthülsen konkret bedeuten. Und was machen besonders Manager jener Häuser, deren Wirtschaftsteile regelmäßig über neue Managementstrategien berichten? Sie halten lieber am Altbewährten fest: Dem infernalischen Trio von “Sparen, Entlassen, Einstellen”, wie es die Taz unlängst prägnant formulierte.
Der Einfall der Berater
Einfallsreich ist es ja nicht gerade, Leute rauszuhauen. Aber Einfallsreichtum überlassen die Verlagsmanager lieber den Journalisten, die haben ja die größeren Köpfe. Wirklich schön wird’s dann, wenn sich die heraufbeschworenen Nebelwände ein wenig gelichtet haben. Dann schlägt die Stunde der flugs in Haus geholten Berater. Die schleichen durch die Medienflure, lernen mit freundlichen Worten die Arbeitsprozesse kennen und blockieren den laufenden Betrieb mit stundenlangen Sitzungen.
Kurz darauf wird optimiert, was die Pandorabüchse der Berater hergibt: “Alles steht auf dem Prüfstand”, heißts bei solchen Gelegenheiten gerne. Die beim Berater-TÜV aufgebockten Ressorts werden dann gerne mit anderen verschweißt verschmolzen. Synergieeffekte versprechen sich die Berater davon – und vergessen dabei, wie lange es dauert, bis sich die erzwungene Zusammenarbeit einstellt. Der Blätterwald, den die Consultants auf der Jagd nach Einsparpotzenzialen abschreiten, wird durch ihre Final Reports lichter und lichter. Kleine Kündigungswellen gehen den großen Stellenstreichorgien voraus. Und wenn sich die Pulvernebel der Berater-Jagdgesellschaften dann gelichtet haben. bleiben waidwund geschossene Redaktionskörper übrig.
Online-Zukunft adé
Klar, bei vielen Titeln lässt sich auch redaktionell einiges einsparen. Und nein, die Einsparungen sind nicht das Ende des Journalismus, wie wir ihn kennen. Aber für die so vollmundig angekündigten Qualitätsoffensiven im Online-Bereich sieht’s schlecht aus. Die 100 bestbesuchten Websites in Deutschland zeigen es recht deutlich: Qualitätsjournalismus ist nicht King, sondern Minderheitenprogramm bei der Quote.
Für die altgedienten Verlage ist das bitter: Denn reichweitentechnisch regiert die Mittelmäßigkeit. Krasses Sparen statt kreative Neulanderschließung: Mit diesem Rezept schlagen sich die Verlagsmanager online einen weiteren Sargnagel ein.