Dieses Posting ist ein wenig offtopic – aber die äußeren Zustände erfordern eine schriftliche Erleichterung. Vor wenigen Wochen fingen sie an, diese verbalen Fouls von links und rechts. “Und, ist die Stimmung bei euch im Keller?”, fragte ein Kollege mit zuckersüßem Lächeln. “Über die Vorrunde kommt ihr sowieso nicht hinaus”, war sich ein anderer Kollege sicher. Auf beiden Gesichtern schaltete sich ein Ihr-seid-ja-eh-nett-aber-von-Fussball-versteht-ihr-nichts ein. Und mit diesem besserwisserischeren Gegrinse und Gegreine kann ich mich nun seit Wochen herumschlagen.
E-Mails mit lustigen Bildern, Fragen à la “Lebt ihr noch auf den Bäumen” gehören ebenso zur Palette wie die lustige Suche nach den abstrusesten Meldungen aus meiner Heimat. Wenns um Fußball geht, stößt der Humor der Deutschen – zumindestens redaktionsintern – an Grenzen, die den Ausmaßen eines Kinder-Spielfelds entsprechen.
Selten gesehene Kollegen schauen nun regelmäßig vorbei, um mich für die eine oder andere Niederlage zu bedauern. Von links und rechts schallt mir morgens ein kollektives “Und, das war wohl nichts” entgegen, gefolgt von höhnischem Gelächter. Gegen die Übermacht eines feixenden Redaktionskörper helfen weder Sachlichkeit noch Witzigkeit noch Watte in den Ohren.
Diese Dauerattacken fordern ihren Tribut: Als erklärter Nicht-Fußballfan mutiere ich plötzlich zum regelmäßigen Euro2008-Fernsehzuschauer. Denn letztlich muss ich ja mitreden und die deutsche Elf ein wenig in den Dreck ziehen können.
Zum zweiten bekomme ich erstmals eine Ahnung davon, was es heißen könnte, diskriminiert zu werden. Wenn auch nur auf einer relativ humorvollen und kaum ernst gemeinten Ebene. Aber irgendwie ist meine Nationalität zum ersten Mal seit Ewigkeiten ein Thema, mit dem ich mich zwangsläufig auseinandersetzen muss. Und das hinterlässt für mich ein schales Gefühl. Drum hoffe ich auf ein wenig mehr Sportlichkeit meiner Kollegen – trotz allem Nationalismus, der bei Fußballspielen einen willigen Kanal findet.