Leaf-Vorbestellungen befeuern deutsche Elektroauto-Förderdebatte

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Elektroautos will keiner kaufen? Von wegen: Die japanische Marke Nissan zeigt mit ihrem Elektroauto Leaf, dass das Interesse der Autofahrer an elektrisch betriebenen Fahrzeugen wächst. Wie unser Kollege Jürgen Rees in seinem Blog Autopilot berichtet, haben in den USA bereits 8000 Leute den Leaf vorbestellt – und das in nur neun Tagen. Ab Jahresende 2010 wird der Leaf in den USA verfügbar sein,

Die großzügige Förderung von Elektroautos in den USA dürfte einiges zum Interesse beigetragen haben: Bis zu 7500 Dollar pro Fahrzeug legen manche US-Bundesstaaten auf den Tisch, damit sich der Wandel zur Elektromobilität beschleunigt. Damit kostet der Leaf in den USA im günstigsten Fall nur noch gut 25.280 Dollar, also umgerechnet 18.700 Euro. Das ist nicht gerade wenig für ein Auto mit 160 Kilometern Reichweite – aber ein halbwegs ausgestatteter VW Golf kostet kaum weniger.

Die Europäer bleiben zunächst in Nissans Elektroautowelt außen vor: Ab Ende 2010 wird das das Null-Emissionsauto nur in Großbritannien, Irland, den Niederlanden und Portugal zu haben sein. Billig wird das Vergnügen, ohne Emissionen über die Straßen zu rollen, für die Briten nicht: Selbst nach Abzug der staatlichen Förderprämie von 5.000 Pfund müssen sie noch immer 23.350 Pfund, also umgerechnet 27.500 Euro, für das Auto zahlen. Deutsche müssen sich gar bis Ende 2011 gedulden: Nissan führt seinen Leaf zuerst in Ländern ein, in denen es bereits staatliche Förderungen für Elektroautos gibt. Und da zählt Deutschland leider nicht dazu.

Die Antwort der deutschen Automobilindustrie ließ nicht lange auf sich warten: Gestern forderte Matthias Wittmann, Chef des Verbands der Automobilindustrie, ein stärkeres Engagement der Bundesregierung bei der Förderung von Elektroautos. Ähnlich äußerte sich bei einem Kongress auch BMW-Chef Norbert Reithofer. Wissmann untermauerte sein Argument mit Zahlen: Die Kosten für ein Elektroauto lägen derzeit um bis 15 000 Euro höher als für ein vergleichbares Auto mit herkömmlichem Verbrennungsmotor, sagte er auf einem Kongress der Branchenzeitung „Automobil Produktion“.

Den Forderungen nach einer staatlichen Förderung werden noch deutlich lauter werden. Denn der Leaf ist ein ganz besonderer Pionier: Das Fahrzeug ist eines der ersten Elektrofahrzeuge, dass von einem großen Autohersteller in Serie hergestellt wird. Zudem ist Nissan einer der Partner in Daimlers Kleinwagen-Allianz und eng mit dem französischen Hersteller Renault verwoben.

Bislang ist der Leaf für Nissan ein Verlustgeschäft: Um profitabel zu arbeiten, müssten die Kosten des teuersten Bauteils, der Batterie, unter 370 Dollar je Kilowattstunde fallen. Derzeit liegen die Kosten der 24 Kilowattstunden starken Leaf-Batterie jedoch noch bei 472 Dollar je Kilowattstunde, schätzen Autoanalysten.

Dieser Preis dürfte jedoch mit steigender Batterie-Stückzahl deutlich fallen. Wohl auch deshalb ist Nissans Produktionsziel für Elektroautos ambitioniert: Bis 2012 will Nissan-Chef Carlos Ghosn 500.000 Elektromobile auf die Straße bringen.

Dieses rasche Vorpreschen ist VDA-Chef Wissmann ein Dorn im Auge: Zum wiederholten Mal hat er die Autohersteller zu mehr strategischen Partnerschaften bei der Entwicklung des Elektromotors aufgefordert.

Doch unter den deutschen Autobauern gibt es auch einige, die vor einer nicht realistischen Euphorie rund um das Elektroauto warnen: Daimler-Chef Dieter Zetsche steht zwar voll hinter dem Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen. Doch das sind noch immer nur 2,5 Prozent des heutigen Fahrzeugbestandes, dämpfte Zetsche bei dem Kongress überzogene Erwartungen. Noch für längere Zeit wird der Verbrennungsmotor den Automobilbau dominieren. Für alle Varianten des Elektro-Autos gilt laut Zetsche jedoch – und da klingt er ähnlich wie der Nissan-Chef: „Die Batterie wird zur neuen Schlüsseltechnologie.“

Über den Autor:

Ich bin Wirtschaftsjournalist, entwickle Online-Inhaltsformate und schreibe am liebsten Business-Berichte mit Biss - erzählt in der jeweils passenden Inhaltsform. Dafür nutze ich alle Möglichkeiten, die das Handwerkszeug des Online-Qualitätsjournalismus hergibt. Angeeignet habe ich mir das in mehr als einem Dutzend Jahren beim SPIEGEL-Verlag und der Verlagsgruppe Handelsblatt.

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