Der Lenkungsrat des Deutschlandfonds lehnt Staatshilfen für Opel offenbar ab. Doch damit steht der krisengeplagte deutsche Autobauer noch nicht vor dem Aus. Welche Optionen Opel ohne die deutsche Staatsgelder bleiben, habe ich mit meinem Kollegen Martin Seiwert aufgeschlüsselt.Kurz vor der endgültigen Entscheidung über Staatshilfen hat Opel einen herben Rückschlag erlitten:
Seit Monaten kämpft Opel-Chef Nick Reilly um diese eine Entscheidung. Anfang des Jahres hat er sein Staatshilfen-Ansuchen um hunderte Millionen auf rund eine Milliarde Euro reduziert. Die Opelaner hat er in zähen Verhandlungen auf seine Seite gebracht und ihnen einen kräftigen finanziellen Beitrag zur Opel-Sanierung abgepresst: Mehr als eine Milliarde Euro sollen die Arbeitnehmer über die nächsten vier Jahre zur Sanierung beitragen.
Doch nun sieht es so aus, als ob Reilly beim Ringen um Staatshilfen den Kürzeren ziehen könnte: Nach übereinstimmenden Zeitungsberichten und Agenturmeldungen lehnt der Lenkungsrat des Deutschlandfonds Staatshilfen für Opel ab. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle äußerte sich heute ebenfalls sehr skeptisch. Die schriftliche Empfehlung des Lenkungsrats liege ihm zwar noch nicht vor. Doch „das, was mir bisher bekannt ist, ist eine sehr kritische Einstellung der volkswirtschaftlichen Bewertung“, sagte er.
Opel fordert nur Bürgschaften, keine Milliardenzahlungen
Im Klartext: Die Chancen für Reilly, vom deutschen Staat Bürgschaften in Höhe von rund einer Milliarde Euro zu bekommen, werden immer kleiner. Auf wirtschaftliche Argumente kann Opel kaum noch hoffen. Mit der nüchternen Ökonomenbrille betrachtet, ist das Votum des Lenkungsrates vernünftig. Die letzte Karte, die Opel jetzt noch ziehen kann, ist die politische: Vielleicht wagt es die Bundesregierung ja doch nicht, Opel so ganz allein seinem harten Schicksal zu überlassen. Haben die Regierungen in Madrid und London doch schon öffentlich erklärt, dass sie Opel helfen werden. Und auch die Bundesländer mit Opel-Standorten signalisierten bereits Hilfsbereitschaft.
Deshalb hofft das Opel-Management, so ist aus dem Unternehmen zu hören, dass sich der mit Politikern besetzte Lenkungsausschuss in den kommenden Tagen über das fachliche das Urteil des Lenkungsrates hinwegsetzt. Für den Fall, dass das nicht passiert, dürfte GM aber längst einen Plan B in der Schublade haben. Das legen zumindest Zeitungsberichte von Mitte Februar dieses Jahres nahe. Damals sprach Reilly noch davon, dass Opel notfalls auch ein alternatives Finanzierungsmodell habe, falls der Antrag auf Staatshilfen abgelehnt werde.
Was in der Staatshilfen-Debatte ohnedies oft vergessen wird: Opel fordert keine Milliarde Euro vom deutschen Steuerzahler. Der Autobauer will, dass Bund und Länder bei den Banken als Bürgen auftreten, damit Opel dort Kredite zu besseren Konditionen aufnehmen kann. „Wir wollen und wir bekommen kein Geld vom Staat“, sagt ein Opel-Manager. „Wir wollen nur, dass der Staat uns hilft, an Bankkredite zu kommen. Das wird von manchen bewusst von anderen aus Unkenntnis als staatliche Geldspritze dargestellt.“
Überschaubare Finanzierungslücke
Die Finanzierungslücke, die ein Ausfall deutscher Staatshilfe hinterlassen würde, ist ohnehin relativ überschaubar. Denn einige Länder mit Opel-Standorten haben dem Autobauer bereits Gelder in Aussicht gestellt. England hat laut Opel-Angaben bereits 300 Millionen Euro an Hilfen zugesagt, aus Spanien gibt es positive Signale. Außerdem haben auch drei deutsche Bundesländer bereits Hilfen angekündigt.
Für den Rest könnte Opel wohl auch seinen Mutterkonzern General Motors anpumpen. Der ist Dank des Insolvenzverfahrens vergleichsweise schuldenfrei und hat im ersten Quartal einen Gewinn von 1,2 Milliarden Dollar eingefahren.
Einfach wird Nick Reillys Job aber nicht. Denn in Europa – und damit vor allem bei Opel – fiel im ersten Quartal ein Verlust 506 Millionen Dollar an. Der Verlust aus Restrukturierungskosten in Europa betrug von Januar bis März satte 273 Millionen Dollar. Das entspricht beinahe einer Verzehnfachung im Vergleich zum letzten Quartal.
Die roten Zahlen sind aber nicht das Schlimmste. Viel schwerer wiegt die Erosion der Marke. Das Image der Marke Opel ist – wie der Marktanteil in Deutschland auch – seit zwei bald Jahrzehnten auf Talfahrt. War früher fast jedes fünfte verkaufte Auto hierzulande ein Opel, sind es heute gerade mal 6,6 Prozent. Und war Opel beim Image einst auf Augenhöhe mit VW, können die Rüsselsheimer den Wolfsburgern heute nicht mehr das Wasser reichen.
Image-Frühling ist vorüber
Es gab im vergangenen Jahr einen kurzen Image-Frühling: Mit dem Insigia konnte die Opel-Truppe zeigen, welche Kräfte sie noch mobilisieren kann. Doch die nunmehr monatelange Debatte um Staatshilfe macht die ganzen Image-Gewinne wieder zunichte. Während andere Autobauer wieder mit positiven Schlagzeilen glänzten, besetze Opel das Thema „Staatsstütze“, sagt Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer. „Damit wird Opel zur Verlierermarke.“
Ob die Staatshilfen gerechtfertigt sind, wie Opel sagt, oder nicht, wie etwa der Konkurrent VW betont, ist letztlich egal. Opel wird zunehmend als Unternehmen wahrgenommen, das bettelnd durch Europa tingelt. Das muss aufhören, im Interesse von Opel. Egal also wie die Debatte um die Opel-Staatshilfen ausgeht – der Autobauer kann nur gewinnen. Nicht weil er mit einem positiven Ausgang des Ringens rechnen kann, sondern weil es endlich vorbei ist.
Die ausführliche Analyse finden Sie auf wiwo.de: Welche Optionen Opel ohne Staatshilfen bleiben