Ratiopharms neuer Besitzer Teva könnte bald unbequem werden

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Über ein Jahr lang zog sich der Verkauf des Arzneimittelherstellers Ratiopharm hin – seit gestern ist klar: Mit dem Verkauf an ein israelisches Pharmaunternehmen rettet Ludwig Merckle das Erbe seines Vaters Adolf. 3,6 Milliarden Euro legt der weltgrößte Generikakonzern  Teva Pharmaceuticals für Ratiopharm auf den Tisch. Um ihre Arbeitsplätze müssen sich die Mitarbeiter von Ratiopharm keine Sorgen machen. Doch die neuen Herren bei Ratiopharm könnten wegen ihres Wachstumskurses bald unbequem werden.

Um die auf Nachahmer-Präparate spezialisierte Ratiopharm hatten zuletzt neben Teva, der isländische Wettbewerber Actavis, der von der Deutschen Bank unterstützt wurde, und der US-Pharmariese Pfizer gerungen. Eigentümer von Ratiopharm ist die Vermögensverwaltung VEM, die der Industriellenfamilie Merckle gehört. Doch die Merckle-Gruppe ist schwer verschuldet: Schiefgegangene Spekulationen an den Finanzmärkten sowie die allgemeine Marktlage haben dem Imperium schwer zugesetzt. Familienpatriarch Adolf Merckle nahm sich Anfang 2009 das Leben. Seither versucht sein Sohn Ludwig Merckle, die überschuldete Merckle-Firmengruppe vor dem Aus zu bewahren.

Merckle rettet mit Verkauf Familienerbe

Mit dem Verkauf von Ratiopharm dürfte er einen Großteil des Familienvermögens retten – Beobachter zollen dem Unternehmer dafür Respekt. Aus Bankenkreisen hieß es, dass bereits ein Kaufpreis über drei Milliarden Euro ausreichen würde, um die Gläubigerbanken zu befriedigen.

Die Ratiopharm-Mitarbeiter müssen sich über ihren neuen Eigentümer nicht allzu viele Sorgen machen: Bei der Vorstellung ihres Konzepts Ende Februar zeigten sich die Teva-Manager „von der Qualität der Produktionsstätten von  Ratiopharm beeindruckt“, hieß es von einem Insider.

Ratiopharm schreibt schwarze Zahlen

Teva übernimmt mit Ratiopharm ein gesundes Unternehmen: Mit einem Marktanteil von 23 Prozent ist Ratiopharm die Nummer zwei im deutschen Generikamarkt. Im Jahr 2009 steigerte Ratiopharm seinen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf 307 Millionen Euro und erzielte einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro. Bis 2014 soll der Umsatz jährlich um durchschnittlich acht Prozent zulegen.

Mit dieser klaren Wachstumsstrategie passt Ratiopharm gut zu seinem neuen Herren, der israelischen Teva-Gruppe: Im Jahr 2009 steigerte Teva seinen Umsatz um 25 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro. In Europa versucht Teva schon länger, Fuß zu fassen. Vor drei Jahren bot Teva für die Generikasparte der deutschen Merck mit, letztlich machte aber der US-Rivale Mylan mit einem höheren Angebot das Rennen.

Teva setzt auf aggressives Wachstum

Richtig gut läuft bei Teva das Geschäft mit dem patentgeschützten Multiple-Sklerose-Medikament Copaxone: Dessen Erlöse legten 2009 um 25 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar zu. Doch Branchenschätzungen zufolge stagniert Teva in seinem Kerngeschäft, den Nachahmerpräparaten. Tevas Wachstumspläne sind extrem ehrgeizig: Bis 2015 will der Konzern seinen Umsatz auf 22 Milliarden Euro verdoppeln, das Europa-Geschäft soll sich gar auf mehr als 4,3 Milliarden Euro verdreifachen. Mit dem Zukauf von Ratiopharm, dessen Umsatz 2009 bei 1,6 Milliarden Euro lag, erweitert Teva seinen Gesamtumsatz um 15 Prozent. Doch das reicht für Tevas geplantes Wachstum nicht aus.

In den nächsten vier Jahren sollen deshalb Markenprodukte und innovative Wirkstoffe fast ein Drittel des Gesamtumsatzes liefern. Das ist mehr als ambitioniert: denn die Patente für den Wachstumsträger Copaxone laufen ab 2014 aus.

Hinweis: Mehr dazu finden Sie in meinem Artikel auf wiwo.de: Merckle trennt sich von seinem Herzstück Ratiopharm.  Auf wiwo.de finden Sie auch meine Zusammenstellung der zehn größten Generika-Hersteller weltweit.

Über den Autor:

Ich bin Wirtschaftsjournalist, entwickle Online-Inhaltsformate und schreibe am liebsten Business-Berichte mit Biss - erzählt in der jeweils passenden Inhaltsform. Dafür nutze ich alle Möglichkeiten, die das Handwerkszeug des Online-Qualitätsjournalismus hergibt. Angeeignet habe ich mir das in mehr als einem Dutzend Jahren beim SPIEGEL-Verlag und der Verlagsgruppe Handelsblatt.

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