Die astronomischen Kosten zur Beseitigung der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko setzen BP schwer zu. Der Ölkonzern mit Hauptsitz in Großbritannien ist in den Augen vieler Experten längst zum Übernahmeobjekt geworden – eine Spekulation, die BP nach Kräften einzudämmen versucht. Gestern erklärte eine BP-Sprecherin gegenüber der Zeitung „Wall Street Journal“, BP werde keine neuen Aktien ausgeben, um die Kosten der Ölkatastrophe begleichen zu können.
Damit könnte ein möglicher strategischer Investor nur bereits am Markt befindliche Wertpapiere kaufen. Das macht einen Einstieg etwas schwieriger, aber bei weitem nicht unmöglich. BPs Aktien sind zurzeit billig zu haben: Seit Bekanntwerden des Desasters um die Ölbohr-Plattform Deepwater Horizon hat BPs Aktienkurs mehr als 50 Prozent verloren.
Medienberichten zufolge gibt es eine Reihe interessierter Geldgeber für den angeschlagenen Ölkonzern.
Kleines Emirat, großer Fonds
Am Sonntag, den 04. Juli 2010 meldete die Zeitung „National“ aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, dass mehrere arabische Investoren an BP wegen finanzieller Unterstützung herangetreten seien. Mehrere Anleger aus der Region hätten BP-Beratern Vorschläge für ein strategisches Investment gemacht. Die Investoren könnten sich neben dem Kauf von Geschäftsteilen auch eine Kapitalerhöhung vorstellen, hieß es in dem Bericht.
An dem Bericht dürfte einiges dran sein. Denn am heutigen Mittwoch, dem 7. Juli, ist BP-Chef Tony Hayward zu Gesprächen mit Geschäftspartnern im Emirat Abu Dhabi eingetroffen. BP-Sprecher Andrew Gowers erklärte Hayward werde einige Tage in der Region bleiben.
Der Staatsfonds des Emirats hat in den letzten Jahren mehrfach Geldgeber für westliche Firmen in Not gespielt. So pumpte die Abu Dhabi Investment Authority (ADIA) Ende 2007 rund 7,5 Milliarden Dollar in die Citigroup. Ein Jahr später flossen staatlich kontrollierte Gelder in Milliardenhöhe aus Abu Dhabi und dem Emirat Katar an die britische Barclays Bank.
Saudis könnten 15 Prozent übernehmen
Saudiarabische Investoren wollen sich mit bis zu 15 Prozent an BP beteiligen, wie die saudiarabische Zeitung „Al-Ektisadijah“ vor kurzem ohne Angaben von Quellen und Namen der Interessenten. Eine Delegation saudischer Investoren werde nach London reisen, um direkt mit BP zu sprechen, hieß es in dem Bericht. Die Interessenten kämen nur zum Teil aus der Energiebranche.
Libyen bezeichnet BP als “Schnäppchen”
Wird Muammar Gaddafi Großinvestor bei BP? In Krisenzeiten ist nichts undenkbar. So gab es in den letzten Tagen mehrere Berichte, dass Libyens Staatsfonds bei BP einsteigen könnte. Der Chef von Libyens staatlicher Ölfirma, Shokri Ghanem, sagte Zeitungen und Agenturberichten zufolge, dass BP ein „Schnäppchen“ sei. „BP ist jetzt mit seinem halbierten Preis interessant, und ich habe weiterhin Vertrauen in BP“, sagte Ghanem. Er empfahl öffentlich, dass Libyens Staatsfonds in den Ölriesen investieren solle. BP hatte offensichtlich bereits im Nahen Osten bei Investoren geworben und Geldgeber, mit denen der Ölkonzern ohnedies schon gute Verbindungen hatte, auf seinen niedrigen Aktienkurs hingewiesen.
Kuwaitis gehen auf Distanz
Auch bei Kuwaits Staatsfonds dürfte BP angeklopft haben. Doch die Kuwaitis distanzieren sich vorsichtig von einer Aufstockung ihres Anteils. „Der kuwaitische Staatsfonds hält bereits Anteile an BP und hat bereits einen beträchtlichen Teil seines Buchwerts verloren“, sagte ein Mitglied von Kuwaits wichtigstem Öl-Komitee der Zeitung Wall Street Journal. Das klingt nicht gerade danach, als wollte das kleine Emirat stark in BP investieren
Total zeigt Interesse an Teilen
Der französische Ölkonzern Total hat ebenfalls Interesse an BP signalisiert – allerdings nur an Geschäftsteilen. „Es ist derzeit nicht unsere Priorität, uns Teile von BP anzuschauen. Sollten sie aber zum Verkauf gestellt werden, würden wir sie natürlich näher betrachten“, sagte Total-Chef Christophe de Margerie vergangenen Freitag am Rande einer Konferenz. Eine komplette Übernahme von BP kommt für Total jedoch nicht in Frage.
Britische Regierung erwägt Staatshilfen
Nicht nur arabische Scheichtümer oder französische Ölfirmen wollen BP Geld geben. Hilfe könnte BP auch von staatlicher Seite bekommen. Die britische Regierung unter Premierminister David Cameron (im Bild) bereitet sich offenbar bereits auf das Schlimmste vor. Nach einem Bericht der „Times“ arbeiten die Briten Krisenpläne für den Fall eines Zusammenbruchs oder einer Zerschlagung aus. Britische Ministerien lehnten Kommentare zu dem Bericht ab.
Die Panik der Briten ist verständlich. Denn BP ist das ehemals größte britische Unternehmen. In Großbritannien beschäftigt der Ölkonzern mehr als 10.000 Menschen und zahlte im vergangenen Jahr fast sechs Milliarden Pfund Steuern (7,25 Mrd. Euro) in die Staatskassen ein. Viele britische Fonds zur Altersvorsorge haben in BP-Aktien investiert und müssten im Fall eines Zusammenbruchs viel Geld abschreiben. Am 20. Juli besucht Cameron die US-Hauptstadt Washington. Dabei will er mit Vertretern der US-Regierung auch über die Zukunft von BP sprechen, berichtete die „Times“.
Damit rücken sogar britische Staatshilfen in den Bereich des möglichen. BP pumpt derweil weiter kräftig Geld in die Beseitigung der Ölpest-Folgen: Eigenen Angaben zufolge hat BP bislang mehr als drei Milliarden Dollar für die Bewältigung der Ölkatastrophe aufgebracht. Darin sind 147 Millionen Dollar an Entschädigungszahlungen enthalten. Insgesamt könnte BP die Ölkatastrophe bis zu 60 Milliarden Dollar kosten.
Disclaimer: Der wortgleiche Text findet sich auch in meiner Bildergalerie auf wiwo.de